Wird es Frühling, freuen wir uns, endlich wieder mit unseren Kindern Wiesen und Wälder zu durchstreifen. In bestimmten Regionen besteht dann ein erhöhtes Risiko von Zecken gebissen zu werden, die Erkrankungen übertragen können. Der Klimawandel, Zunahme der Mobilität sowie Freizeitaktivitäten in der Natur haben zu einem Anstieg von Infektionen und Ausbreitungsgebieten beigetragen. Durch die milden Winter ist längst ist nicht mehr der Frühling allein relevant.
Zecken sind sehr widerstandsfähig. Sie können sehr hohe (bis 45°) und tiefe Temperaturen (bis -18 °C) überleben. Zecken leben bevorzugt auf Sträuchern, Gräsern und in Büschen und lassen sich nicht, wie oft behauptet, von Bäumen herunterfallen. Sie suchen feuchtwarme Körperpartien an ihrem Opfer auf, z.B. Achseln, Leiste. Die Gelegenheiten, von Zecken gestochen zu werden, sind vielfältig, z.B. beim Zelten, Joggen, Angeln, Reiten, Wandern. Eine besondere Tücke des Stichs liegt darin, dass er durch betäubende Substanzen im Zeckenspeichel vom Opfer praktisch nicht gespürt wird.
Durch Zecken können verschiedene Krankheiten übertragen werden, am häufigsten sind die Lyme-Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME. Die Abkürzung steht für FrühSommer-Meningo-Enzephalitis. Das Krankheitsbild kann lebensbedrohlich sein. Die Hirnhäute können sich entzünden, die Infektion kann sich aber auch im gesamten Nervensystem und im Gehirn ausbreiten.
FSME: Symptome und Krankheitsbild
Innerhalb von 3-14 Tagen nach dem Stich einer infizierten Zecke kommt es bei etwa 30% der Betroffenen zu einem grippeähnlichen Krankheitsbild mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, manchmal auch Bauchschmerzen. Nach einem anschließenden symptomfreien Intervall, das große Schwankungsbreite von 1 bis 20 Tagen aufweist, treten bei 10 % bis 30% der Erkrankten erneut Fieberattacken sowie neurologische Beschwerden (Bewusstseinsstörungen, Lähmungen).
Bei 60% der FSME-Patienten kommt es zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis), seltener zu einer Hirnentzündung oder einer Rückenmarkentzündung. Die Lähmungserscheinungen können Arme und/ oder Beine betreffen, aber auch Schluckstörungen, Sprechstörungen hervorrufen, mitunter sogar lebensbedrohliche Lähmungen der Atemmuskulatur. Je älter der Erkrankte, desto schwerer ist der Verlauf der Erkrankung.
Kinder, die ca. 15 % der FSME-Fälle ausmachen, haben glücklicherweise fast immer leichte Krankheitsverläufe. Nur bei höchstens 10% der Kinder treten neurologische Folgen auf, z.B. Konzentrationsstörungen, Lähmungserscheinungen oder Epilepsie.
Wie sieht die Behandlung von FSME aus?
Eine gezielte Behandlung gegen das FSME-Virus gibt es leider nicht. Die Therapie beschränkt sich auf die Linderung der Symptome. Umso wichtiger ist deshalb die FSME-Impfung. Sie ist auf jeden Fall für Menschen zu empfehlen, die in Risikogebieten leben oder sich dort oft aufhalten. Die Impfung ist sicher. Impfreaktionen sind selten: manchmal Rötung, Schwellung, Schmerzen an der Impfstelle, vereinzelt Fieber innerhalb von 3-4 Tagen.
Erkrankungen, die durch Borrelien ausgelöst werden
Neben der FSME übertragen Zecken auch Borrelien, die überall in der nördlichen Hemisphäre zu finden sind und in ca. 1 % der Stiche verschiedene Erkrankungen auslösen können, u.a.
Erythema migrans (Wanderrötung)
Einige Tage bis zu 4 Wochen nach dem Zeckenbiss entsteht meist im Bereich der Bissstelle eine zentrale Rötung mit einem roten Ring, der zentrifugal wandert. Manchmal kann mit gleichem zeitlichem Abstand ein sogenanntes Lymphozytom entstehen, eine neu auftretende Papel. In dieser Situation hat der Patient oft keine Symptome, selten Fieber, Müdigkeit, Gelenkbeschwerden oder an der Zeckenbissstelle naheliegende Lymphknotenschwellungen.
Eine Blutentnahme zu diesem Zeitpunkt ist sinnlos, weil sie die aktuelle Infektion nicht darstellen kann, sondern nur einen in der Vergangenheit stattgehabten Kontakt zu Borrelien. In dieser Phase eliminiert in aller Regel eine für 2 Wochen eingenommene antibiotische Therapie die Bakterien (Therapie der Wahl Amoxicillin; bei Amoxicillinallergie Cefuroxim).
Die Wanderrötung verschwindet auch ohne Therapie, was aber kein Zeichen für eine Heilung ist. Ohne diese kann es nach ein bis vier Monaten zu einer Streuung des Erregers mit Folgeerkrankungen kommen. Deshalb schildere ich kurz die drei wichtigsten Erkrankungen mit ihren Symptomen.
Neuroborreliose (Hirnhautentzündung und Lähmung von Gesichtsnerven)
Das Gesicht erscheint einseitig „schief“ bei Lachen, Essen, Grimassieren. Seltener sind Hirnentzündung, Gangstörung, Muskelschmerzen, Störung des Tastsinns oder andere neurologische Erkrankungen. Der Nachweis kann durch eine Hirnwasserpunktion aus dem Rückenmarkskanal gelingen.
Lyme-Arthritis: Hierbei handelt es sich um eine wiederholte schmerzarme Entzündung von Gelenken, meist des Kniegelenks.
Karditis (Herzentzündung) mit Herzrhythmusstörungen, Blutdruckerhöhung und Herzfrequenzanstieg.
Anders als bei der FSME gibt es gegen Borrelien keine Impfung. Umso wichtiger ist es, sich gegen Zeckenbisse zu schützen. Im Folgenden skizziere ich, was Sie tun können.
Vorsorge
Um das Risiko vor Zeckenstichen möglichst klein zu halten, ist es ratsam in Endemiegebieten geschlossene Kleidung und festes Schuhwerk zu tragen. Repellentien (auf die Haut aufgetragene Substanzen, die Insekten nicht mögen) schützen zusätzlich. Nach jedem Aufenthalt in der Natur sollte die Haut – besonders bevorzugte Stichstellen wie Hals, Haarbereich des Kopfes, Ohren und Beine – gründlich nach Zecken abgesucht werden.
Zecken kommen zwar weltweit vor, jedoch ist das FSME-Virus auf Europa und einige Teile Asiens mit unterschiedlichem Infektionsrisiko beschränkt. In Deutschlands Endemiegebieten tragen bis zu 5% der Zecken den Erreger in sich. Gebiete mit sehr hohem Risiko sind in Süddeutschland die Niederungen des Donautals und seiner Nebenflüsse in Baden-Württemberg und Bayern.